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Geplaudert mit Tobias Lindner im
Dezember 2020, Kulturbüro Riehen

 

… Tobias Lindner (45) ist seit 18 Jahren Kirchenmusiker in St. Franziskus und leitet den dortigen Kirchenchor und Förderverein für Kirchenmusik. Neben dieser Tätigkeit unterrichtet Lindner an der Schola Cantorum Basiliensis Cembalo und Generalbass und ist seit 2016 Professor für Orgel.

 

Sie sind Musiker, Kirchenmusiker, Pädagoge, Veranstalter. Welche Tätigkeit ist Ihnen die Liebste, worauf könnten Sie verzichten?

Ich könnte auf keine dieser Tätigkeiten wirklich verzichten! Ich habe mein musikalische Begabung gehegt und gepflegt, Jahre geübt, um ein Musikstudium antreten zu können. Seit ich dreizehn bin, spiele ich Orgel bei Gottesdiensten. Und seit 18 Jahren unterrichte ich auch Berufsmusiker. Das passt alles sehr gut zusammen!

28 Jahre gibt es das Orgelfestival St. Franziskus schon. Seit wann sind Sie dabei? Gab es Höhe- oder Tiefpunkte? 

Seit 2002 bin ich mit dem Festival verbunden. Tiefpunkte gab es ausser jetzt gerade mit Corona keine. Aber Höhepunkte: die grossen Chorkonzerte mit bis zu 600 Zuhörer*innen! Stolz macht mich ausserdem der Orgelfestival-Vorstand. Alles kluge und tatkräftige Köpfe, die die gesamte Arbeit im Hintergrund stemmen. Dazu ein Förderverein mit 200 Mitgliedern. Eine Pfarrei, die all dieses Engagement schätzt und unterstützt. Und: ein treues und interessiertes Publikum, welches uns hoffentlich auch jetzt im November nicht im Stich lässt!

Was macht die Kirche St. Franziskus als Veranstaltungsort für Sie aus? 

Ich stamme aus Niederbayern. Bei uns sind die Kirchen meistens barock und bunt. Es hat gedauert, bis ich mich an den  Sichtbeton der Kirche gewöhnt habe. Aber ich habe den Bauschätzen gelernt: die Empore für den Chor, die gute Akustik und dass es insgesamt ein stimmungsvoller Ort ist. Die Orgel hätte 1992 durchaus etwas grösser ausfallen dürfen (lacht), aber so ein Instrument kostet ja viel Geld, und: es ist eine franziskanisch-asketische Kirche. Keine barocke Abteikirche … Das passt schon!

Corona hat für die Kulturbranche harsche Konsequenzen. Was war / ist für Sie das Schlimmste und sehen Sie auch Positives?

Musik und Konzerte leben von sozialer Interaktion. Genau das wurde in dieser Krise zum verwundbaren Punkt. Als Musiker war man plötzlich allein. Wirklich schlimm war und ist: Im Januar hatte ich 62 aktive Mitglieder im Chor. Rekord! Doch im Lockdown waren keine Proben möglich. Vorher hiess es: Chorsingen hält jung und gesund. Nun: Chorsingen kann tödlich sein! Seit August proben wir wieder – in der Kirche wegen der Aerosole. Ich musste den Chor allerdings wegen der Abstandsregeln halbieren. Nun haben wir zwei, aber allen fehlt das Zusammensein sehr. Aber wenigstens singen wir wieder. Ich hoffe sehr, dass die Weihnachtsfeierlichkeiten stattfinden können.

 

Sie selbst eröffnen am 1. November das Orgelfestival. Welche Stücke haben Sie ausgewählt und was macht diese aus? 

Oft suche ich mir einen roten Faden für die Orgelkonzerte. Dieses Jahr gibt es aber einfach einen bunten Strauss an schönen Stücken. Ich spiele gerne unbekanntere Sachen. Und so wird man Jucker, Boely oder Wesley hören. Komponisten, die heute eigentlich vergessen sind. Aber es gibt auch eine Triosonate von Bach, um mich technisch fit zu halten. Die sind nämlich grauenhaft schwer.

Was tut Tobias Lindner um die (kreativen) Batterien aufzuladen? 

Die kreativen sind immer noch voll! Aber die körperlichen werden mehr strapaziert. Mit Kindern in der Primarschule heisst es jeden Morgen zeitig aufstehen. Für einen Musiker und Nachtmenschen wie mich ist das immer noch schwierig. Angeblich wird das alles ja noch schlimmer, aber schon in etwa 10 bis 15 Jahren wieder besser! (lacht!)

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